Ziel unserer diesjährigen Azorenreise ist, auch die letzten beiden Inseln zu besuchen, die wir von den insgesamt neun Azoreninseln noch nicht gesehen haben. Bislang kennen wir alle Inseln der Ost- und der Zentralgruppe. Die Inseln der Westgruppe, Corvo und Flores, liegen sehr weit draußen im Atlantik. Geographisch gesehen liegen sie sogar bereits auf der nordamerikanischen Platte. Bisher hat uns aufgrund der schlechten Verbindungen einfach die Zeit gefehlt, Corvo und Flores in eine unserer Rundreisen einzubauen.
Dieses Jahr soll es aber anders werden und so haben wir am Morgen unsere Koffer in unserem schönen Häuschen in Fenais da Ajuda gepackt, haben ein letztes Mal den Blick auf die Küste genossen und sind dann bei strömendem Regen in Richtung des Flughafens gefahren. Dann das übliche Prozedere – Mietwagen auftanken, Auto abgeben, einchecken und auf den Abflug warten.
Das Ziel unserer heutigen Reise ist Corvo, die kleinste Insel der Azoren. Dem angemessen ist auch unser Flieger die kleinste Maschine, die SATA, die Fluggesellschaft der Azoren, im Angebot hat. Größer dürfte das Flugzeug auch nicht sein, denn die Insel ist so klein, dass man nur eine sehr kurze Landebahn bauen konnte.
Mit einem Zwischenstopp auf der Insel Faial, die wir im letzten Jahr besucht haben, ging es nach gut zwei Stunden zum Landeanflug auf Corvo. Erst an der Insel vorbei und dann in einer steilen 360°-Linkskurve runter auf das kleine Stückchen Teer, das sich hier Flughafen nennt. Beim Anblick des Flughafens wird wirklich deutlich, dass gerade einmal 400 Menschen auf dieser Bergspitze im Atlantik leben.
Das Abfertigungsgebäude hat die Größe eines Einfamilienhauses und das Kofferband misst gerade mal zwei Meter. Die Koffer und die Fracht wurden direkt aus dem Flugzeug auf einen kleinen Gabelstapler verladen, der seine Ladung dann zum Gebäude brachte. Es hätte mich nicht gewundert, wenn sich einfach jeder Passagier seinen Koffer direkt vom Stapel genommen hätte. Aber Ordnung muss auch hier sein. Die Koffer wurden vorschriftsmäßig durch eine kleine Luke am Anfang des Kofferbands gereicht, wo jeder sein Gepäckstück direkt entgegennahm.
Am Flughafen wartete der Inhaber des Hotels auf uns, das wir für die Tage auf Corvo gebucht hatten. Die Insel ist wirklich so klein, dass wir keinen AirBnB-Anbieter finden konnten. Mit seinem Geländewagen ging es dann in knappen 3 Minuten bis zum Hotel. Zu Fuß hätten wir die Strecke in einer gemütlichen Viertelstunde geschafft, aber so war es deutlich bequemer.
Das Hotel bezeichnet sich als „Guesthouse“ und entsprechend niedrig waren meine Erwartungen, da ich aus Sri Lanka und seinen Guesthouses so einiges gewohnt bin. Aber die Überraschung war groß, als uns Senhor Rita sein Guesthouse Comodoro gezeigt hat. Acht schöne, geräumige Zimmer, die sehr geschmackvoll eingerichtet sind und einen schönen Blick über die Stadt haben. Für 60 € die Nacht (inkl. Frühstück) ein wirklich tolles Preis-/Leistungsverhältnis.
Nachdem wir einen Moment verschnauft haben, sind wir gleich aufgebrochen, um uns die Stadt Vila Nova in Ruhe anzusehen. Eine Kirche, eine Gemeindeverwaltung, eine Grundschule, ein Mini-Markt in Wohnzimmergröße, eine Polizeistation, eine Post, eine Bank, zwei Bars und zwei Restaurants – ansonsten nur ein paar Wohnhäuser, das war’s. Erstaunlich ist, dass fast jedes Haus einen kleinen Gemüsegarten zur Selbstversorgung hat. Die Stadt liegt am Hang eines Vulkans und so ziehen sich sehr kleine Gassen zwischen den Häusern entlang, die sich nur zum Teil mit dem Auto befahren lassen.
An der Küste ist uns dann ein Bewohner des Atlantiks begegnet, den wir zum ersten Mal auf einer Whalewatching-Tour im letzten Jahr gesehen haben. In eine kleine Bucht wurden mehrere portugiesische Galeeren gespült, die dort nun von den Wellen langsam aber sicher gegen die Felsen gedrückt wurden. Die Quallen zeichnen sich durch ein Segel aus, das sich oberhalb der Wasseroberfläche befindet und sehr hübsch blau/violett schimmert. Hierdurch kann sich die Qualle problemlos durch den Wind treiben lassen.
Die Nesselarme dieser Quallenart sind so giftig, dass sie kleinere Fische töten können. Beim Menschen verursachen sie starke Verbrennungen, die sehr schmerzhaft sein sollen. Selbst am Strand ist es gefährlich, denn abgerissene Nesselfäden bleiben noch mehrere Tage aktiv, auch wenn sie an Land liegen.
Am Abend ging es dann zum Restaurante Caldeirão und wir waren sehr gespannt, wie man dort auf unseren Wunsch nach vegetarischem bzw. veganem Essen reagieren würde. Wie so häufig in Portugal, war es kein Problem. Benjamin hat dem Kellner problemlos auf Portugiesisch verständlich gemacht, was wir gerne hätten und kurze Zeit später kam erst ein kleiner Salatteller, zwei Bier und danach ein sehr leckerer, fleischloser Bohnen-/Kohleintopf und zwei Portionen Pommes Frites auf den Tisch.
Kaum waren wir aus dem Restaurant getreten, sprangen vor uns im Abendlicht ein paar Delphine aus dem Wasser. Satt und glücklich sind wir dann wieder unserem Hotel und unserer ersten Nacht auf einem einsamen Vulkan mitten im Atlantik entgegengegangen.
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