Wie immer während eines ersten Tages auf einer neuen Insel, haben wir einen guten Teil des Vormittags mit dem Lebensmittteleinkauf verbracht. Das Frühstück und das Abendbrot für die nächsten Tage ist gesichert. Nach dem Besuch des Supermarktes in Santa Cruz ging es zurück ins Auenland. Ja richtig gelesen, ich komme mir in unserem Häuschen vor, als sei ich im Herrn der Ringe gelandet.
Es ist ein altes Haus, das irgendwann einmal erweitert worden ist. Die Eingangstür stammt aber mit Sicherheit noch aus dem ersten Bauabschnitt. Die Durchschnittsgröße muss zu diesen Zeiten deutlich unter 170 cm gelegen haben, denn mit dieser Größe könnte man gerade eben noch erhobenen Hauptes ins Haus eintreten. Ich hingegen fühle mich immer wie Gandalf, der Beutelsend, das Haus von Bilbo, betritt. Der Effekt wird auch dadurch verstärkt, dass alle Türgriffe im alten Teil des Hauses ungefähr 50 cm über dem Boden angebracht sind.
Unser heutiger Ausflug hat meinen Eindruck, in Tolkien’s Trilogie gelandet zu sein, noch verstärkt. Im Wanderführer wurde eine „Tour um Fajãzinha“ angepriesen, die als Rundkurs knappe 90 Minuten dauerte und direkt vor unserer Haustür startete. Also nichts wie Schuhe an, Tür auf, Kopf einziehen und raus in die Natur!
Schnell hatten wir das kleine Dorf in Richtung der dem Meer abgewandten Seite durchquert. Auf dem Weg kamen wir an vielen kleinen, traditionellen Häusern vorbei, deren Eingangstüren auch nicht größer aussahen als die unseres Häuschens. Die Häuser wichen langsam immer mehr Feldern und das Rauschen des Flusses Ribeira Grande wurde lauter. Wir stießen wieder an die Hauptstrasse und überquerten den Fluß an der Brücke.
Kurz darauf bog der Wanderweg wieder von der Strasse weg und führte uns, zum Teil mit einigen Anstiegen, näher an die Felswand heran. Als die Bäume kur vor Ende des Weges den Blick auf die Felswand freigaben, kam von Benjamin ein Verweis auf den Herrn der Ringe: „So ähnlich stelle ich mir Bruchtal vor!“. Aus der ca. 300 Meter hohen grünen Wand entsprangen überall Wasserfälle. Mal mittelgroß, mal klein, aber im Gesamteindruck einfach überwältigend schön.
Vor der Felswand hatte sich ein kleiner See gebildet, in dem sich das Grün der Felswand und die Wasserfälle widerspiegelten. Eingerahmt wurde der kleine See von wilden Calla, deren weiße Blüten aus dem sie umgebendem, sattem Grün leuchtend hervortraten. Seeschwalben stießen bei ihrer Jagd auf Fische immer wieder durch die Wasseroberfläche. Wir setzten und einfach auf einen umgestürzten Baum und ließen uns von dem Anblick gefangen nehmen.
So langsam bekommen wir einen Vorgeschmack darauf, warum uns die Azoreaner der anderen Inseln einen Besuch auf Flores nahegelegt hatten. Die einstimmige Meinung war, das Flores die schönste Insel der Azoren sei. Bislang konnten wir kein Gegenargument entdecken.
Flores ist wirklich ein Traum!
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